Riskieren anders zu sein
Vor ein paar Wochen waren wir auf der Fachtagung der Bike und Business in Würzburg, neben einem Stand, auch mit einem Vortrag zum Thema Marketing vertreten.
Zu jedem der, an dem Tag, gehaltenen Vorträge gibt es nun auch eine redaktionelle Zusammenfassung.
Wir müssen sagen, die 20 Minuten werden in den Zeilen auf den Punkt wiedergegeben!
Emotionen wecken, Kundenerwartungen übertreffen und aus der Masse stechen. Darum geht es im Marketing. Den Begriff kennt heute jeder. Bei der Umsetzung kommt es meist dennoch zu vermeidbaren Fehlern, weiß Isabell Bolligs von Rabbit and Wolf.
Der Motorradhändler Michael steht in der lichtdurchfluteten Verkaufshalle seines neuen Harley-Shops. Der ledrige Geruch der Motorradsitze steigt ihm in die Nase. Beim Anblick des Schriftzugs „Michas Harleys“ über der gläsernen Eingangstür bekommt er Gänsehaut. Michael ist sich sicher: Das wird sein Jahr! Im Januar kündigte er seinen langjährigen Job in einer Kfz-Werkstatt, um sich selbstständig zu machen. Der Biker hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Durch seine Erfahrungen in der Werkstatt weiß er, dass Kunden nicht von allein kommen. Deshalb hat er sich ein Budget für Marketing-Maßnahmen zusammengespart – trotzdem bleibt der Erfolg aus.
Michael fühlt sich gut vorbereitet. Man sagte ihm, dass im digitalen Zeitalter nichts mehr ohne soziale Medien geht, weshalb er bereits einen Workshop zum Thema Social Media Marketing besuchte. Noch vor Eröffnung seines Motorradladens erstellte er hochmotiviert einen Facebook- und Instagram-Account. Bestimmt findet er im Betrieb ab und an Zeit, Bilder und Videos hochzuladen, denkt er sich. Auf dem Workshop lernte Michael, dass heutzutage wirklich jeder in Social Media vertreten ist. Eine Chance aber auch sehr viel Druck. Warum er die Social-Media-Kanäle braucht, weiß er trotzdem nicht so genau. Wenn es alle machen, wird es schon richtig sein. Seine Bilder werden sicherlich ein paar Kunden gefallen.
Isabell Bolligs ist Gesellschafterin von Rabbit and Wolf, eine auf Motorräder spezialisierte Marketing- und Consultingagentur. Sie gehört selbst zur Biker-Szene. Die Motorradfahrerin mit den granatapfelroten Haaren und dem bunten Halstattoo erklärt: „Eine gute Mediaplanung ist das A & O für erfolgreiches Marketing“. Dabei sind vier Eigenschaften unentbehrlich: Kontinuität, Konsistenz, Konsequenz und Kompetenz. Medienkanäle müssen also regelmäßig und gleichwertig mit Inhalten versorgt werden. Nur so hinterlässt man bei der Zielgruppe einen kompetenten Eindruck. Ebenso wichtig ist es, seine Zielgruppe zu überraschen, emotional zu packen und ihre Erwartungen zu übertreffen. Es reicht nicht aus, seine Zielgruppe nur zufrieden zu stellen. Die Grundlage hierfür ist es, die Zielgruppe zu kennen und zu wissen, wie sie erreicht werden kann. Die Auswahl der richtigen Medien spielt dabei eine besondere Rolle. Durch die stetig wachsende Medienlandschaft ist es immer wichtiger, passende Medienkanäle zu finden, zu analysieren und erfolgreich zu verwenden. Durch den andauernden Online-Trend wird „Print“ oft vergessen, betont Sebastian Bolligs, ebenfalls Gesellschafter von Rabbit and Wolf. Und das hat verheerende Folgen: Die eigentliche Zielgruppe wird online nicht erreicht.
Auch Michael erreicht seine Harley-Liebhaber nicht vorrangig über soziale Medien.
Von seinem Freund Bernd bekommt Michael den Tipp, eine Werbeanzeige in der lokalen Tageszeitung zu schalten. Michael befolgt seinen Rat – einen Werbetext hat er bislang jedoch noch nie geschrieben. Formell schreibt er: „Über Ihren Besuch würde ich mich sehr freuen“, um seriös zu wirken. In der nächsten Ausgabe der Tageszeitung findet er stolz sein einspaltiges, sechszeiliges Werk neben 20 weiteren Werbeanzeigen wieder – alle schwarzweiß und im ähnlichen Format.
Gutes Marketing bedeutet, aus der Masse hervorzustechen
Das eigene Alleinstellungsmerkmal herauszuarbeiten hält Marcus Hillenbrand, Teamleiter des Vertriebsaußendiensts und Händlermanagements von Kawasaki Motors Europe, für die größte Herausforderung im Marketing. Die Tonalität muss sich von den Mitbewerbern abheben und gleichzeitig auf Augenhöhe mit der Zielgruppe sein. Laut Isabell Bolligs ist es deshalb umso wichtiger, neben seiner Zielgruppe, potentielle Mitbewerber zu kennen. Außerdem ist einer erfolgreichen Mediaplanung die Definition von Werbezielen vorausgesetzt. Soll das Marketing zur Imagebildung, Neukundenakquise oder Kundenbindung dienen?
Michael wird langsam unsicher. Auf seinen Social-Media-Kanälen hat er schon ein-, zweimal Bilder veröffentlicht, aber besonderen Anklang finden diese nicht. Er fragt sich, ob er sein Budget für einen teuren Werbefilm ausgeben sollte. Sein Erspartes wäre zwar dahin, jedoch würde er sich von anderen Motorradhändlern in der Nähe abheben. Auch seine Zielgruppe würde er besser erreichen. Wenn der Werbespot gut ist, würde er als Maßnahme für die nächste Zeit bestimmt ausreichen – oder?
„Schlechtes Marketing heißt pures Geld verbrennen“, vergleicht Isabell Bolligs. Es ist wichtig darauf zu achten, das Geld effizient einzusetzen. Um die Kontinuität und Konsistenz zu wahren, ist es sinnvoller, sein Budget für einen längeren Zeitraum und kleinere Maßnahmen, als einmal für eine große Werbemaßnahme einzuplanen. Relevante Werbeträger werden mittels Analysen bestimmt. Dabei ist es eine große Herausforderung „die Balance zu finden zwischen Digital und Print“, sagt Thomas Timmen, Außendienstmitarbeiter der MSA Weiden. Auf die Suche nach passenden Werbeträgern folgt das Einholen von Angeboten für Werbeplätze. Auch an dieser Stelle empfiehlt Bolligs langfristig zu planen. Die Verhandlungsbasis bei langfristiger Planung sei oft günstiger. Trotzdem sollte ein zeitlicher Rahmen gesetzt und zudem überlegt werden, wie lange eine Maßnahme sinnvoll ist. Außerdem ist es wichtig, den Erfolg einer Maßnahme durch bestimmte Kennzahlen zu kontrollieren. Nur so kann eine Marketing-Strategie immer wieder optimiert werden.
Eine erfolgreiche Mediaplanung bedeutet, weniger Werbeetat zu benötigen – etwa durch weniger Streuverluste bei Werbemaßnahmen. Darüber hinaus spart eine vorausgehende Mediaplanung Zeit bei der Umsetzung dieser Maßnahmen. Bei der Erstellung eines Mediaplans bleibt dennoch zu beachten: „Mediaplanung kann man nicht übers Knie brechen. Freiraum für Kreativität muss sein“, so Sebastian Bolligs.
Michael wird zukünftig einen Marketing-Dienstleister mit seiner Mediaplanung beauftragen. Er möchte sein Erspartes lieber in die Hände von Experten geben, anstatt weiter sein Erspartes zu verbrennen. Er weiß jetzt, dass hinter einer guten Mediaplanung mehr steckt, als er dachte. Instagram, Facebook und Co. sind eben keine Allheilmittel.